Lebensübergänge gestalten – ein intensives Wochenende
- bettinastrunk
- 19. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Nov.

Vergangenheit würdigen: Das Ahnenmandala einer Teilnehmerin
Erinnerungen an früher: Gemeinschaft, die trägt
Als Jugendliche fuhr ich häufig mit auf Freizeiten oder durfte zahlreiche Chor-Konzerte mit dem damaligen Jugendchor „Con-Takte“ über die Grenzen Deutschlands hinaus miterleben. So jugendlich war dieser Chor jedoch irgendwann gar nicht mehr, weil kaum jemand ihn verlassen wollte – trotz des zunehmenden Alters. Warum? Weil die Gemeinschaft so unsagbar guttat, der Austausch mit Gleichaltrigen oder Gleichgesinnten, die Musik, die vielen wertvollen Impulse – all das wollten wir alle, wollte ich so lange wie möglich miterleben. Inhalieren wie eine unbelastete, frische Luft am Meer oder in den Bergen. Es gab so viele wertvolle Gespräche, die mich in meinem jungen Leben weiterbrachten. Besonders nachts, wenn alles ruhiger wurde, entstanden Gespräche, die mich prägten. Ich war bereit, mehr von mir zu zeigen als sonst.
Mit dem Erwachsenwerden hörten diese Reisen auf. Beruf, Alltag, vor allem die Geburten unserer Kinder ließen es nicht mehr zu. Zumindest glaubte ich es. Heute sehen viele junge Eltern dies viel unkomplizierter. Aber damals?
Ja, damals. Was ist seitdem nicht alles geschehen. Heute weiß ich, wie viele Lebensübergänge ich seither bewältigt habe. Wie viele Höhen und Tiefen mich geformt haben. Und welche Kräfte in mir freigesetzt – oder blockiert – wurden. Diese Gedanken kamen am Ende meines Intensiv-Wochenendes im November wieder in mir hoch, als das Gefühl von früher zurückkehrte: getragen, verbunden, tief bewegt.
Ein Wochenende voller Tiefe und Verbundenheit
Sechs wunderbare Frauen verbrachten dieses Wochenende mit mir zusammen unter dem Thema:„Lebensübergänge gestalten – Vergangenheit würdigen. Ressourcen entdecken. kraftvoll weitergehen.“ Einige kannten sich bereits aus früheren Workshops, doch diese Konstellation war neu – und besonders. Schon beim Ankommen lag eine Mischung aus Zurückhaltung und gespannter Erwartung in der Luft. Man spürte den Respekt vor dem sensiblen Thema. Gleichzeitig ahnten wir, dass etwas Wesentliches in Bewegung kommen könnte – im Raum und in uns selbst. In der Kennenlernrunde wurde dieser Zwiespalt deutlich: „Ich habe ein ordentliches Grummeln im Bauch.“ „Ich weiß nicht, ob ich bereit bin, mich meinen Ahnen zu nähern. Und warum überhaupt?“ Diese Bedenken konnte ich gut verstehen. Mit unseren Ahnen verbinden wir ja nicht ausschließlich Gutes. Die Sorge, sich ein Wochenende lang ausschließlich mit ihnen befassen zu müssen, konnte ich schnell nehmen. Nein, das war nicht der Plan. Aber hinschauen, uns Zeit nehmen, auf das blicken, was uns zu der Frau gemacht hat, die wir heute sind – das sollte für eine längere Weile machbar sein. Denn nur durch das Würdigen der Vergangenheit können wir unsere Zukunft tatsächlich gestalten.
Visionboards als sanfter Einstieg in die Ahnenarbeit
Bevor wir in die Ahnenarbeit einstiegen, gestalteten wir unsere Visionboards. In konzentrierter, zugleich lockerer Atmosphäre suchte sich jedes Bild beinahe magisch seinen Platz. Die Collagen machten sichtbar: Alles im Leben hatte Sinn – das Schwere wie das Leichte. Gestärkt durch diesen Blick auf das eigene Leben machten wir uns an das Ahnenmandala.
Ahnenmandala: 254 Leben, die Spuren hinterlassen haben
Über sieben Generationen verteilten sich die 254 Ahnen auf unserem Blatt, angeordnet in konzentrischen Kreisen, aus denen ein Mandala entstand. Sie umfassten eine Zeitspanne von etwa 200 Jahren. Kaum vorstellbar. Eines aber zeigte uns das Mandala sehr deutlich: Sie alle waren Menschen wie wir - mit ihren Freuden und Sorgen, ihrer Kreativität, ihrem Begrenztsein, ihrem Scheitern und wieder Aufstehen, ihrem Hoffen und Planen - mit ihrem jeweiligen Leben eben. Diese Erkenntnis machte uns barmherziger. Vieles, das uns noch heute belastet, wurde plötzlich irgendwie verstehbar – und durfte weicher werden. Und wir fragten uns, welche Ahnen wollen wir für unsere Nachfahren sein? Für unsere Kinder und Enkelkinder. Wir schauten hin. Erwachsen. Mutig. Und am Ende gestärkt.
Lebensübergänge gestalten heißt auch, sich selbst zu begegnen
Anders, aber ebenfalls herausfordernd, war die neurographische Arbeit an unseren Selbstporträts. Ein wunderbares Modell, das uns achtsam macht für den Menschen, der wir heute sind, und uns eine Ahnung davon gibt, was noch alles möglich ist in unserer jeweiligen Zukunft. „Warum gefalle ich mir bunt so viel besser als auf dem Porträt, das anfangs vor mir lag?“, fragte sich eine Teilnehmerin. Wissen kann ich es nicht, aber ich glaube, das Bunte in unserem Gesicht kann uns ein Gespür davon geben, dass es an der Zeit ist, Veränderung anzunehmen, ja, sogar bewusst anzustoßen. Dass wir es in der Hand haben, unser Leben farbiger, mutiger, freier zu gestalten. Dass wir eine Wahl haben.
Ein Gefühl wie früher – getragen und beseelt
Was das alles mit meinen Fahrten als Jugendliche zu tun hat? Aus diesem Intensiv-Wochenende ging ich mit ähnlichen Gefühlen heraus wie damals: beseelt, ein bisschen euphorisch vielleicht und sehr, sehr dankbar für die Begegnungen. Für jedes Wort, jede Geste, für jede Erkenntnis, die mich reicher machte. Aber auch traurigfroh. Weil diese besondere Zeit nun vorbei war. Spätestens am nächsten Tag - damals wie heute - sollte mich der Alltag wiederhaben.
Rituale für den Alltag – den Raum zwischen „nicht mehr“ und „noch nicht“ gestalten
Natürlich würde er mich einholen. Mit all seinen Verpflichtungen, seinen Ablenkungen, seinem Tempo. Aber heute weiß ich, wie ich mich schützen und stärken kann. Ich darf mir bewusst Zeit nehmen:
• für einen Blick auf mein Visionboard,
• auf mein Ahnenmandala,
• auf mein Selbstporträt.
All diese Bilder gestalten den inneren Raum, der in jedem Lebensübergang entsteht – den Raum zwischen dem „nicht mehr“ und dem „noch nicht“. Und genau dafür ist es so wertvoll: Vergangenheit würdigen. Ressourcen entdecken. kraftvoll weitergehen.
Mit 20 oder 30 wusste ich das noch nicht. Heute nenne ich es: Weisheit. Und ja – sie ist etwas Wundervolles.
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